34. Kapitel
El Paso, Texas 15. März
»Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie glücklich ich bin, wieder hier zu sein«, seufzte Beamon.
Laura Vilechi stand hinter einem rauchenden Grill und schnaubte nur. Als Mark sie zum Grillen am Pool eingeladen hatte, hatte sie eigentlich nicht gedacht, dass die ganze Arbeit an ihr hängen bleiben würde.
Beamon fläzte sich in einem Liegestuhl und nippte an einem Drink, aus dem ein Schirmchen ragte. Es war zwar ein Scotch, aber er hatte entschieden, heute jeden Drink mit einem Schirm zu servieren, ganz egal, was es war. Es hatte Laura einige Mühe gekostet, ihn zu überzeugen, dass es unmöglich war, ein Bier zu trinken, in dessen Flaschenhals ein Schirm steckte.
»Was machen die Steaks? Ich hätte meins gern blutig. Es muss innen noch richtig schön roh sein.«
»Sie kriegen es so, wie ich es mache.«
Beamon sprang aus seinem Stuhl, als die Türglocke läutete. »Ich gehe schon.«
Laura wartete, bis er verschwunden war, und stellte den Grill höher.
Kaum eine Minute später kehrte Beamon mit einem Päckchen unter dem Arm zurück. »Eine Lieferung von UPS.«
»Was haben Sie gekriegt?«»Keine Ahnung.« Er riss die Schachtel auf und zog einen wunderschönen grauen Nadelstreifenanzug heraus. Laura kam zu ihm und wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab.
»Nicht schlecht.« Sie öffnete das Jackett und schaute auf das Etikett. »Hugo Boss? Mann, so ein Anzug kostet gut und gern dreitausend Dollar.«
Beamon kramte in dem Seidenpapier, bis er einen kleinen Umschlag fand. Er zog die Karte heraus, auf der in einer flüssigen, maskulinen Handschrift stand:
Bitte nehmen Sie dieses kleine Zeichen meiner Dankbarkeit an. Falls Änderungen nötig sind, schicken Sie mir die Rechnung Ihres Schneiders. Anthony DiPrizzio
Beamon lachte, bis ihm Tränen übers Gesicht liefen.
»Was ist? Von wem ist er?«, fragte Laura.
Beamon reichte ihr die Karte. »Ein Geschenk von Anthony DiPrizzio. Er bedankt sich, weil er nun wieder ordentliche Geschäfte machen kann.« Es war so absurd, dass er erneut lachen musste. »Das sollte man als Definition von Ironie ins Wörterbuch aufnehmen.«
Laura fand die Sache offensichtlich nicht ganz so komisch und runzelte missbilligend die Stirn.
»Seien Sie nicht sauer, Laura. Ich bin sicher, Ihr Geschenk ist auch schon unterwegs.«
Beamon griff nach dem Telefon, das neben ihm stand, und drückte die einprogrammierte Nummer des JEH-Gebäudes. »Das wird Tommy gefallen.«
»Tom Sherman, bitte«, sagte er zu einer unbekannten Telefonistin. Shermans Sekretärin hob ab. »Hallo, meine Schöne, ist Tommy in der Nähe?«
»Hallo, Mark. Nein, ich glaube, er ist in seinem Wagen. Ich stelle Sie durch.« Es klickte, und nach einer kurzen Pause hob Sherman ab.
»He, Tommy! Ich muss dir eine Geschichte erzählen, die dir gefallen wird. DiPrizzio hat mir gerade einen Dreitausend-Dollar-Anzug geschickt als Dankeschön dafür, dass er wieder ungestört Geschäfte machen kann! Vermutlich fängt er demnächst noch an, seine Steuern zu bezahlen, wenn wir ihm weiterhin so tüchtig helfen.«
Am anderen Ende der Leitung herrschte Schweigen.
»Bist du noch da?«, fragte Beamon.
»Ja. Entschuldige, Mark. Ich habe gerade einige schlechte Neuigkeiten erhalten.«
Beamon stand auf und ging hinüber zum Pool, setzte sich und ließ seine Beine ins Wasser baumeln. »Was gibt’s denn?«
»Wir haben eben erfahren, dass in San Francisco und Atlanta vergiftete Drogen aufgetaucht sind.«
»Scheiße! Hobarts Organisation macht ohne ihn weiter?«
»Das glaube ich nicht. Man hat ganz herkömmliches Rattengift verwendet – nichts Raffiniertes. Dahinter steckt bestimmt keine Organisation wie das CDFS.«
»Dann sind diese Typen vermutlich nicht besonders schwer zu fassen, Tommy. Schnapp sie dir, damit man an ihnen ein Exempel statuieren kann. Das wird der Sache ein Ende machen«, meinte er zuversichtlich, obwohl er bei weitem nicht so sicher war.
»Ich nehme nicht an, dass ich dich überreden kann, zurückzukommen und die Ermittlung zu leiten?«»Keine Chance.«
»Irgendwie wusste ich, dass du das sagen würdest.«
Die Sonne war inzwischen hinter dem Horizont versunken, und die automatische Beleuchtung am Pool schaltete sich ein. Laura kam herüber, setzte sich neben ihn und plätscherte mit den Füßen im Wasser. Auf einer langen Gabel hielt sie ihm ein verkohltes Steak hin. Ein Teil davon brannte noch.
»Ich muss aufhören, Tommy. Es scheint, als sei mein Steak fertig. Mach’s gut – und viel Glück.«